Software: FEM - Tutorial - Magnetfeld - Probabilistik - Momenten-Methode
Vergleichend zur Toleranzsimulation mit der Sampling-Methode Latin Hypercube Sampling soll nun der analytische Ansatz der Moment-Methode benutzt werden:
- Durch Duplizieren gewinnen wir aus dem Zufallszahlen-Experiment die Grundlage für die Konfiguration eines neuen Experiments und wählen dieses als Startup-Experiment.
- Auch für das neue Experiment vergeben wir einen sinnvollen Namen.
- In dem neuen Experiment müssen wir die Versuchsplanung entsprechend umkonfigurieren und die Darstellung von Ergebnissen neu organisieren.
Moment-Methode
Der erste Schritt der Moment-Methode verläuft ähnlich wie bei den Sampling-Methoden - es wird ein Ersatzmodell gebildet:
- Für jede Ergebnis-Größe (Gütekriterien und Restriktionen) des Workflows wird eine Funktion f gebildet, mit welcher sich der Wert der Ergebnis-Größe aus dem Variablenvektor x der n Streu-Größen berechnen lässt.
- Für die Approximation jeder dieser Funktionen f wird im Unterschied zur Sampling-Methode eine Taylor-Reihe benutzt. Ihre Approximationsordnung ist dabei auf den Maximalwert 2 beschränkt (First Order=1 / Second Order=2).
- Hinweis: Bei Wahl der Momenten-Methode zur statistischen Versuchsplanung sind die Einstellungen der Gütekriterien in Hinblick auf die Approximation wirkungslos!
- Wir nutzen zuerst die Second Order Analysis (Ordnung=2) mit Berücksichtigung von Interaktionen (Wechselwirkungen) zwischen den Streu-Größen. Die vollständige Funktion dafür lautet:
Die erforderlichen Ersatz-Übertragungsfunktionen werden durch die Berechnung von Stützstellen gewonnen:
- Pro Streu-Größe Si werden nur drei Stützstellen genutzt (Grenzwerte und Mittelwert)
- Bedingt durch die kombinatorische Abtastung des Modells steigt die benötigte Anzahl der Modell-Läufe quadratisch mit der Anzahl der Streu-Größen n (Simulationsläufe = 2·n2+1).
- Diese Art der Gewinnung eines Ersatz-Modells führt nur zu einem hinreichend genauen Ergebnis, wenn für das zu approximierende reale Modellverhalten Taylor-Reihen 2. Ordnung ausreichend sind. Zum Glück ist dies für die Mehrzahl der Anwendungsfälle zutreffend.
Nach der Berechnung des Ersatz-Modells (Menge von Taylor-Reihen) erfolgt die eigentliche Analyse wieder auf Basis dieses Ersatz-Modells. Hier existiert nun der entscheidende Unterschied zu den Sampling Methoden:
- Die statistischen Momente der Ausgangsgrößen werden analytisch näherungsweise aus den statistischen Momenten der Eingangsgrößen berechnet. Aus den berechneten Momenten werden anschließend die Verteilungen der Ausgangsgrößen approximiert.
- Das Verfahren der Second Order Analysis arbeitet sehr genau, wenn das Verhalten der Ausgangsgrößen im Streu-Bereich höchstens quadratische Abhängigkeiten zu den Streu-Größen aufweist. Die Ergebnisse mit 4 Streu-Größen sind dann vergleichbar mit einer Monte-Carlo-Simulation bei einer Stichprobengröße von 100.000. Da das Verfahren ohne Zufallszahlen arbeitet, ist es numerisch sehr stabil und erlaubt auch eine schnelle Optimierung unter Berücksichtigung von Streuungen.
- Der Nachteil der Second Order Analyse liegt in dem hohen Rechenaufwand bei einer großer Anzahl von Streu-Größen (Simulationsläufe = 2·n2+1).
Analyse
- Nach Start der Simulation erfolgen zuerst die Modellrechnungen für die Gewinnung des Ersatz-Modells. Erst danach werden die Verteilungen der Ausgangsgrößen berechnet. Die Ergebnisse der Probabilistik stehen also erst nach allen Modellberechnungen zur Verfügung.
- Man kann dies sehr gut beobachten, indem man vor dem Start der Simulation zusätzlich zu den Verteilungsdichten der Streuungen auch die 2D-Anthill-Plots F(sAnker_), F(sGleit_) und F(sDeckel_) öffnet:
Während der 19 Abtastberechnungen werden schrittweise die Punkte in den Anthill-Plots abgebildet. Anhand der senkrechten Linien erkennt man deutlich die Abtastungen in der Mitte und an den Rändern jeder Streu-Größe.
Damit wird der gesamte Streu-Raum sehr gleichmäßig abgetastet, wie man sehr gut im 3D-Anthill-Plot erkennt.
Erst nach der kompletten Abtastung erscheinen die Verteilungen:
Hinweis: Histogramme stehen bei der Moment-Methode nicht zur Verfügung!
Die Genauigkeit des approximierten Modells an den Abtastpunkten kann man wie bei der Sampling-Methode über das Residual-Diagramm beurteilen (Analyse > Antwortflächen > Residuum-Plot):
- An zwei Abtaststellen ist die Abweichung im Beispiel um ca. den Faktor 4-5 höher, als die Maximalabweichung bei der Sampling-Methode. Da diese Abweichung des Ersatzmodells aber nur bei ca. 1% im Vergleich zur realen Modellberechnung liegt, kann man das akzeptieren.
- Achtung:
Die Genauigkeit an den Abtaststellen der Moment-Methode sagt nichts über die Genauigkeit des Ersatz-Modells zwischen den Abtaststellen aus! Ob die gewählte Ordnung für die Taylor-Reihen ausreichend ist, kann man nur mit einer hinreichend großen Stichprobe in der Sampling-Methode überprüfen.
Nun ist sicher interessant, ob man in Hinblick auf den Einfluss der Streuungen zum gleichen Ergebnis kommt, wie bei der Sampling-Methode:
- Korrelationsmatrix und -tabelle stehen bei der Momenten-Methode nicht zur Verfügung.
- Sensitivität-Chart und -Tabelle zeigen den Effekt der Streuungen auf die Ausgangsgrößen:
- Bis auf winzige Abweichungen erhält man die gleichen Ergebnisse, wie bei der Sampling-Methode.
Die praktische Gleichheit von Haupt- und Totaleffekt bedeutet, dass es keine Interaktionen (Wechselwirkungen) zwischen den Streugrößen gibt. Mit dieser Erkenntnis sollte man die Versuchsplanung entsprechend ändern:
- Die Auswirkung auf die Berechnungszeit einer Stichprobe ist enorm, da der Großteil der Abtastschritte für die Berücksichtigung der Interaktionen benötigt wird. Die benötigte Anzahl der Modell-Läufe steigt nun nur noch linear mit der Anzahl der Streu-Größen n (Simulationsläufe = 2·n+1).
- Im Beispiel verringert sich die erforderliche Zahl von Modellrechnungen von 19 auf 7, was man im 3D-Anthill-Plot gut beobachten kann.
- Die mit dieser "reduzierten" Second-Order-Methode erzielten Ergebnisse sind im Beispiel praktisch identisch, da es keine Wechselwirkungen zwischen den Streu-Größen gibt.
Hinweis: Die First-Order-Approximation ohne Interaktion erfordert nur n+1 Modellabtastungen. Allerdings werden damit nur Hyperebenen (ohne Krümmung) zwischen den abgetasteten Ecken des Streu-Raumes interpoliert:
- Das ist im Beispiel zwar nicht ganz exakt, aber die damit ermittelten Ergebnisse sind nicht wesentlich andere.
- Besitzt man nur ein FEM-Modell mit sehr langen Berechnungszeiten, so sollte man in diesem Fall die Stichproben-Simulation innerhalb von Optimierungsexperimenten mit diesem First-Order-Ansatz durchführen!