Software: FEM - Tutorial - 2D-Bauteil - Randbedingungen

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Knotenmengen selektieren für das Definieren von Randbedingungen (Loads & Constraints)

Randbedingungen

Die bei der CAD-Belastungsanalyse betrachteten Lasten (Loads) und Abhängigkeiten (Constraints) bilden zusammen die Randbedingungen für die Lösung des partiellen Differentialgleichungssystems, welches das Finite-Elemente-Modell repräsentiert:

  • Der Konstrukteur als CAD-Anwender dimensioniert seine Bauteile/Baugruppen mit dem Wissen der Technischen Mechanik. Für ihn ist die Unterscheidung in passive Abhängigkeiten (Lagerungen) und aktive Lasten (äußere Kräfte/Momente) normal und deshalb wichtig.
  • Klassische FEM-Programme sind häufig etwas "mathematik-lastig", weil für sie die Lösung der partiellen Differentialgleichung der Strukturmechanik im Mittelpunkt steht. Pre- und Post-Prozess sind dabei (etwas salopp formuliert) "ein notwendiges Übel", damit der normale Anwender das Gleichungssystem erstellen und seine Lösung interpretieren kann. Aus mathematische Sicht werden deshalb im Pre-Prozess die Abhängigkeiten und Lasten gleichberechtigt als Randbedingungen behandelt.
  • Beim Wechsel vom CAD-System auf ein FEM-Programm sollte man sich dieser unterschiedlichen Sichtweisen bewusst werden.

Modellbereiche mit Randbedingungen

Das Finite-Elemente-Modell besteht aus einem Netz von Finiten Elementen, welche für den Anwender vordergründig durch ihre Knoten repräsentiert werden:

  1. Die Lösung der partiellen DGL der Strukturmechanik ergibt primär nur die Koordinaten-Werte für alle Knoten des Netzes.
  2. Alle Randbedingungen der partiellen DGL der Strukturmechanik wirken nur an Knoten-Teilmengen als
    • Vorgaben für Koordinaten-Werte bzw. für deren Änderungsmöglichkeiten (=partielle Ableitung) bzw.
    • Kräfte, welche aus äußeren Einflüssen resultieren (z.B. aus Einzelkräften, Flächenlasten, Gravitation)

Bevor man eine Randbedingung dem Finite-Elemente-Netz zuweisen kann, muss man die Knoten-Teilmenge bilden, auf welche diese Randbedingung wirken soll:

  1. In der CAD-Belastungsanalyse genügt dafür meist ein Mausklick auf eine Kante oder Fläche der Geometrie:
    • Damit sind automatisch alle Knoten ausgewählt, welche auf dieser gewählten Geometrie liegen.
    • Der Vorteil der Bildung von Knoten-Teilmengen auf Basis von ausgewählter Geometrie besteht vor allem darin, dass nach einer Neuvernetzung automatisch wieder die richtige Knoten-Teilmenge gebildet wird.
  2. In "puristischen" FEM-Programmen existiert das Finite-Elemente-Netz nach seiner Generierung unabhängig von der Geometrie des modellierten Bauteils:
    • Die Bildung der erforderlichen Knoten-Teilmengen für Netz-Kanten, -Flächen oder -Volumina erfolgt direkt anhand der existenten Netz-Knoten oder -Elementen.
    • Die daraus definierten Knoten-Teilmengen "überleben" deshalb ein Löschen des benutzten Netzes nicht (z.B. bei der Generierung eines besseren Netzes).
    • Z88Aurora als freie und kostenlose Software ist sicher aus Aufwandsgründen in diesem Sinne "puristisch" mit allen daraus resultierenden Nachteilen!
    • Teure kommerzielle Systeme gestatten die Zuweisung von Randbedingungen auch über die Geometrie (wie in der CAD-Belastungsanalyse).

Set-Bildung durch Picking in Z88Aurora

FEM-Programme stellen meist Funktionen bereit, um aus der riesigen Anzahl von Elementen und zugehörigen Knoten gezielt Teilmengen auszuwählen:

  • In Z88Aurora wurden diese Auswahlmöglichkeiten unter dem Begriff "Picking" zusammengefasst. Das Icon Software FEM - Tutorial - Z88Aurora-Button Picking.gif symbolisiert diese Funktion sehr anschaulich.
  • Der Aufruf des Picking-Tools erfolgt über den Menüpunkt Ansichten > Picking und öffnet ein separates Seitenmenü. Im Grafik-Arbeitsbereich sind die auswählbaren Objekte (Knoten, Elemente oder Flächen) durch kleine schwarze Rechtecke gekennzeichnet:
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  • Je nach Bildschirm-Auflösung und Zoombereich besitzen die Rechtecke (Picking-Punkte) eine ungünstige Größe. Ein Verkleinern bzw. Vergrößern dieser Rechtecke ist nur über Buttons der Werkzeugleiste "Ansichten II" möglich (deshalb sollte man diese Werkzeugleiste über Ansichten > Einrichten wieder einblenden.
  • Standardmäßig ist die Knoten-Auswahl aktiv. Dafür werden für die gewählte Darstell-Form (Oberflächennetz bzw. Netz) alle Knoten der Elemente (einschließlich der Mittenknoten) angezeigt.
  • Ausgewählt werden können nur sichtbare Rechteck-Marker, bei der Knoten-Auswahl davon nur die Marker der Eck-Knoten. Über den Menüpunkt Ansichten > Rand/Volldarstellung kann man eventuelle Mitten-Knoten und die Knoten im Innern des Netzes (bei Netz-Ansicht) ausblenden (entspricht "Randdarstellung"), was neben der Anschaulichkeit die Verarbeitungs- und Darstellgeschwindigkeit erhöht:
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Für das Aufbringen der Randbedingungen müssen wir zwei "Flächen" des Netzes auswählen und jeweils als ein "Set" definieren:

  1. Die Lochwand für die Fixierung (verschweisst)
  2. Die Stirnfläche für das Angreifen der Zugkraft

Drei Picking-Optionen stehen im Z88Aurora stehen zur Verfügung. Bevor wir die Picking-Funktion anwenden, werden im Folgenden die Optionen soweit erläutert, wie es für die Auswahl unserer beiden Flächen erforderlich ist:

  1. Knotenanwahl Software FEM - Tutorial - Z88Aurora-Button Picking Knotenanwahl.gif
    • Zur Auswahl einer Fläche oder Kante muss man einen Knoten auf dieser Fläche/Kante durch Anwahl mit dem Cursor markieren.
    • Gesteuert wird die Auswahl der zugehörigen Fläche über den maximal zulässigen Winkel zwischen bereits durch Knoten markierten Elementen und ihren Nachbarn. Ist der Winkel ≤ als der eingestellte Wert, werden die Knoten der jeweiligen Nachbar-Elemente ausgewählt usw., bis alle zulässigen Elemente erfasst sind.
    • Analog läuft die Steuerung für die Kanten-Auswahl, indem das Prinzip auf Element-Kanten angewendet wird.
  2. Elementanwahl Software FEM - Tutorial - Z88Aurora-Button Picking Elementanwahl.gif
    • Wichtig: Die Auswahl einer Fläche oder Kante ist auf Basis der Elementanwahl nicht möglich!
    • Die Elemente (bei uns Tetraeder) können einzeln mit dem Cursor oder durch Angabe der Element-Nummer angewählt werden.
    • Ansonsten ist es nur möglich, alle Elemente des Netzes oder alle Elemente an der Oberfläche zu wählen.
    • Hinweis: Es sollte bereits ein Elemente-Set "MatSet1" existieren, welcher alle Elemente umfasst. Dieser diente der Materialzuweisung für "alle Elemente".
  3. Flächenanwahl Software FEM - Tutorial - Z88Aurora-Button Picking Flaechenanwahl.gif
    • Wichtig: Flächen-Sets können nur zum Aufbringen einer Druck-Randbedingung genutzt werden!
    • Möglich ist die Auswahl einer "Fläche" auf Basis der Anwahl einer Elementfläche an der Netz-Oberfläche.
    • Außerdem kann man die komplette Oberfläche wählen ("Alle Flächen").

Unabhängig von der benutzten Picking-Option können die aktiven Markierungen invertiert werden ("Vertauschen") bzw. man kann sie "Entfernen".

Mit diesem Picking-Wissen werden wir nun mittels "Knotenanwahl" die erforderlichen Flächen für die beiden Randbedingungen jeweils als einen Set definieren:

  1. Lochwand
    • Angewählt werden muss zuerst mittels Cursor (gleichzeitig "Strg-Taste + Linke Maustaste") ein Eckknoten auf der Lochwand:
      • Geduld bei CPU-internem Grafikprozessor!!!: Nach dem Mausklick kann es einige Sekunden dauern, bis es in der 3D-Ansicht zu einer Reaktion kommt und dann auf dem Netz der farblich markierte Knoten erscheint:
        .
      • Hinweis:
        Die Anwahl eines Knoten außerhalb der Lochkante ist nur möglich, weil unser Netz im Loch hinreichend fein vernetzt wurde! In 50% der Fälle funktioniert das Markieren der richtigen Fläche jedoch auch über einen Knoten auf der Kante (erneuter Versuch mit dem nächsten Knoten, falls die falsche Fläche erfasst wird!).
    • Der Winkel besitzt einen Standardwert von 30°, was für die Wandfläche des Loches ausreichend ist:
      • Betätigen des Buttons "Fläche" markiert nach dem zuvor beschriebenen Prinzip alle Knoten der Wandfläche des Loches:
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      • Die markierten Knoten muss man als nächstes den "Markierungen" hinzufügen und sollte für diese Markierung einen sinnvollen Bezeichner vergeben:
        .
      • Erst auf Grundlage von Markierungen kann ein Set durch "Set hinzufügen" gebildet werden:
        .
      • Da die Randbedingungen auf Basis dieser Sets definiert werden, sollte man auch dafür einen sinnvollen Bezeichner vergeben.
  2. Stirnfläche
    • Bevor man mit der Anwahl eines Knoten auf der Stirnfläche beginnt, sollte man die Markierungen über den Button "Entfernen". Beim späteren Identifizieren der Fläche darf nur ein Knoten markiert sein.
    • Ansonsten dürfte die Bildung eines "Stirnflaeche-Knotenset" keine Probleme bereiten:
      .

Mit den beiden Knotensets sind die Voraussetzungen für das Zuordnen der Randbedingungen geschaffen und wir können das Picking-Seitenmenü schließen.