Software: FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung

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Modellbildung
Software FEMM - Elektrostatik - Beispiel leiterplatte.gif

Noch einmal zur Erinnerung der abstrahierte Aufbau des Verdrahtungsträgers:

  • Die Kupferschichten sind jeweils 35 µm dick.
  • Das Laminat FR4 zwischen Masse-Ebene und Leiterbahnen ist jeweils 0,5 mm dick.
  • Die Breite einer Leiterbahn beträgt 0,2xx mm (xx=01 bis 99).
  • FR4-Laminat: εr = 4,7
  • Kupfer: εr = ∞ (elektrischer Leiter!)

Elektrische Kapazitaet

Wir verwenden zur Modellierung der Leiterbahn-Kapazität eine neue Modelldatei mit der Bezeichnung Leiterplatte_xx.fem (Teilnehmernummer xx=00..99). Für die Domäne "elektrostatisches Feld" ("Berechnungsart"=Elektrostatische Feldstärke und Spannung) werden folgende Zusammenhänge als bekannt vorausgesetzt:

Zur Berechnung der elektrischen Kapazität zwischen Leiterbahn und Massefläche benötigen wir die Ladungsmenge Q auf der Leiterbahn oder auf der Massefläche und die zugehörige Spannung U zwischen Leiterbahn und Massefläche:

  • In FEM-Modellen gibt man eine der beiden Größen als Last vor. Im Ergebnis der Simulation steht dann die andere Größe zur Verfügung.
  • Welche Größe man sinnvoller Weise vorgibt, ist abhängig von den Möglichkeiten des verwendeten FEM-Programms.
  • Für Autodesk Simulation Mechanical wäre die Vorgabe einer Ladungsmenge auf der Leiterbahn bei Verwendung von 2D-Elementen zurzeit die beste Variante. Die resultierende Spannung zum vorgegebenen Nullpotential der Kupfer-Massefläche kann man dann als Ergebnis der Simulation problemlos ablesen.

Hinweis:

  • Leider bereitet eine sinnvolle Vernetzung der extrem kleinen Leiterbahn-Fläche Probleme.
  • Deshalb wird die Ladungsmenge auf die Massefläche gegeben und es werden die Grenzflächen des Laminats zur Leiterbahn mit dem Nullpotential belegt.
  • Der resultierende Feldverlauf ist betragsmäßig identisch.

Idealisierungen

Domäne der Elektrostatik (Feldstärke und Spannung):

  • Es wird nur das elektrische Feld in Isolatoren berechnet.
  • Ist das Nachbilden von Leiter-Bereichen erforderlich (z.B. zur Vorgabe von Ladungen bzw. Spannungen), so muss man dies durch ein εr = ∞ realisieren (hierfür genügt z.B. εr = 1e6).
  • Mittels geometrischer Objekte beschreibt man nur den betrachteten Raum für die Isolatoren (Luft/Laminat/"Kupfer").
  • Grenzen zum nicht betrachteten Raum müssen mit geeigneten Randbedingungen versehen werden.
  • Die einzelnen Material-Bereiche können mit Spannungspotentialen oder Ladungsdichten belegt werden.
  • Die mögliche Zuweisung von Spannungen zu Netz-Knoten sollte man vermeiden, weil diese eine Neuvernetzung nicht übersteht! Deshalb definieren wir die Kupfer-Massefläche als zusätzlichen "Isolator"-Bereich, dem wir dann die Ladungsdichte zuweisen.

Symmetrie-Eigenschaften:

  • Modellieren muss man nur die obere Hälfte der Leiterplatte (Kapazität zwischen Leiterzug und Masse-Ebene).
  • Geometrie und Feld sind symmetrisch zur Leiterzug-Mitte. Es genügt das Netz z.B. der rechten Hälfte für die Berechnung des elektrischen Feldes.

Grenzenlose Felder:

  • Die Kapazität zwischen Leiterbahn und Masse-Ebene wird durch das gesamte elektrostatische Feld bestimmt. Dieses erstreckt sich theoretisch durch den unendlichen Raum. Praktisch genügt der Raum in der Nähe des Leiters.
  • Die Breite des Bereiches neben der Leiterbahn sollte mindestens so groß sein wie der Abstand=0,5 mm des Leiters zur Masse-Ebene. Wir verwenden Faktor 10 (Breite=5 mm).
  • Auch das Feld über dem Leiter (durch die Luft) trägt mit zur Kapazität bei. Dieser Luftraum muss deshalb im Modell berücksichtigt werden. Als Höhe des zu vernetzenden Bereiches wählen wir den Wert der Breite (Höhe=5 mm).
  • Wir verwenden 2D-Elemente. Günstig ist für die Elemente die Dicke=1 m, dann erhält man die berechnete Kapazität sofort als Kapazitätsbelag pro Meter. Die "Dicke" entspricht im Modell der betrachteten Leiterzuglänge.

Geometrie und Vernetzung

Aufgrund der einfachen 2D-Geometrie benötigen wir kein CAD-System, sondern nutzen die Möglichkeiten des FEM-Editors. Der Aufbau des Netzes ist jedoch für unser Beispiel nicht trivial und erfordert eine sorgfältige Planung. Dazu im Folgenden einige Hinweise:

  • Kritisch sind die Ecken des im Vergleich zum Gesamtnetz sehr kleinen Leiterbahn-Querschnitts. Hier werden die größten Gradienten des elektrischen Feldes auftreten. Deshalb müssen wir dort mit den Mitteln der Netzverfeinerung (Verfeinerungspunkte) eine hinreichend feine Vernetzung realisieren.
  • In Bereichen, welche sich in "größerer" Entfernung (>0,5 mm von der Leiterbahn befinden, kann eine relativ grobe Vernetzung erfolgen. Zwischen den fein- und grob vernetzten Bereichen müssen wir einen harmonischen Übergang realisieren.
  • Die Anzahl von Teilnetzen wird durch die Anzahl unterschiedlicher Materialbereiche bestimmt. Wir benötigen vier unterschiedliche Materialbereiche (Cu-Leiterbahn, Cu-Massefläche, FR4-Laminat, Luft). Diese Materialbereiche bilden die "Bauteile" innerhalb der Modellstruktur.
  • Wichtiger Spezialfall:
    • Den Bereich für die Cu-Leiterbahn vernetzen wir nicht, da infolge von Rundungsfehlern solche kurzen Linienabschnitte eine Kontur nicht mehr richtig schließen, wenn man diese kurzen Linien mit 2D-Netzteilungen versieht!
    • Deshalb definieren wir kein Bauteil für die Cu-Leiterbahn, sondern begnügen uns mit einer Potentialvorgabe für die Knoten auf der Leiterbahn-Kontur!
    • Damit reduziert sich die Anzahl der Materialbereiche (Bauteile) auf drei.
  • Jeder Netz-Bereich benötigt seine eigenen Begrenzungslinien. Die übereinander liegenden Grenzlinien zwischen zwei Bereichen müssen die gleiche 2D Netzteilung erhalten (Passfähigkeit der beiden Teilnetze!).
  • Im Beispiel ist es günstig, die FR4-Laminatschicht in der Höhe Z=0 mm beginnen zu lassen. Damit besitzen die funktionsrelevanten Koordinaten anschauliche Werte.
  • Die Cu-Massefläche erstreckt sich dann unterhalb des Laminats in negative Höhenwerte. Da diese Cu-Schicht nur ein Hilfsmittel zur Potentialberechnung ist, verwenden wir dafür abweichend von der Realität eine handliche Schichthöhe von z.B. 50 µm.
  • Für die Netzbereiche wird folgende Aufteilung vorgeschlagen:
    Software FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung Bereichsgeometrie.gif
  • An den gemeinsamen Grenzlinien zwischen den Bereichen sind die geplanten Netzteilungen eingetragen.
  • Die Grenze zwischen Laminat und Luft wurde in 2 Abschnitte unterteilt. Der zusätzliche Konstruktionspunkt wurde im Abstand 0,5 mm von der Symmetrieachse platziert.

Hinweise zum Zeichnen:

  • Vor dem Zeichnen der Bereichsumrisse ist es günstig, zuerst alle Eckpunkte der Bereiche als Konstruktionspunkte zu definieren. Dabei sollte man mit den Eckpunkten des Gesamt-Netzes beginnen.
  • Die strukturiert mit QUAD-Elementen zu vernetzenden Bereiche benötigen keine Begrenzungslinien. Es genügen die Konstruktionspunkte für die 4 Ecken. Dies betrifft nur die Cu-Massefläche.
  • Alle anderen Bereiche sind als Linienzüge mit Berücksichtigung aller Zwischenpunkte zu umranden.

Hinweise zur Vernetzung:

  • Material: Der Wert der dielektrischen Konstante entspricht εr.
  • Cu-Massefläche: Neues Bauteil anlegen (da nur Konstruktionspunkte genutzt) und konfigurieren. Dann strukturiertes Netz > 4-Punkt-Rechteck der Größe 100x1.
  • Luft: nach Festlegen der 2D-Netzteilungen vernetzen mit Dreiecken (Netzgröße = 200 µm)
  • Verfeinerungspunkte: nach vorheriger Luftvernetzung die vier Eckpunkte der Cu-Leiterbahn (Wirkradius=200 µm / Netzgröße=8,75 µm, entspricht 4 Elemente über 35 µm Höhe):
    Software FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung Leiterbahn-Verfeinerungspunkte.gif
  • FR4-Laminat: Vernetzung ebenfalls mit Dreiecken, jedoch mit der Netzgröße=100 µm
  • Cu-Leiterbahn: Dieser Bereich bleibt frei. Sein Rand wird später mit einem Spannungspotential belegt. In der Nähe der Leiterbahn entsteht dann die folgende verfeinerte Vernetzung:
    Software FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung Netz um Leiterbahn.gif
  • Dabei ist es notwendig, dass entlang der Grenzen zwischen den Teilnetzen die Knoten exakt aufeinander liegen:
    Software FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung Knoten Koinzidenz.gif
  • Zum "Glück" ist dies auch für die Grenzlinie gewährleistet, für welche aus Genauigkeitsgründen keine 2D-Netzteilung angegeben werden konnte! Anderenfalls gäbe es dort einen "Schlitz" im Netz, der die Ausbreitung des elektrischen Feldes behindert und die Ergebnisse verfälscht.

Lasten und Abhaengigkeiten

Wegen der Anschaulichkeit und der Analogie zur Realität würde man im Normalfall das Nullpotential auf die Cu-Massefläche legen und eine Ladungsmenge auf die Cu-Leiterbahn. Wegen der Probleme bei der Vernetzung der geometrisch kleinen Details am Cu-Leiter kehren wir diese Belastungen einfach um:

  • Leider muss man wegen der nicht realisierbaren Vernetzung im Cu-Leiterbereich die Knotenbelegung nutzen, obwohl diese eine Neuvernetzung nicht übersteht! Die Knoten entlang des Randes der Cu-Leiterbahn belegen wir mit der Spannung=0 V:
    Software FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung Knotenspannung an Leiterbahn.gif
  • Hinweis: Zusätzlich zur "Größe" der Knotenspannung muss man eine "Steifigkeit" als Innenwiderstand der Spannungsquelle angeben. Ein Wert von 1000000 A/V entspricht praktisch einem Innenwiderstand von fast 0 Ohm.
  • Problem: In der aktuellen Version von Autodesk Simulation Mechanical kann man in elektrostatischen Modellen infolge eines Bugs die "Wolken" der Verfeinerungsbereiche um die Verfeinerungspunkte nicht ausblenden! Die Rechteck-Auswahl der Randknoten um den Leiterzug gelingt, wenn man maximal an diesen Bereich heranzoomt und man sich bei der Auswahl an den durchscheinenden Verfeinerungspunkten orientiert! Die damit definierten Knoten-Abhängigkeiten scheinen dann deutlich durch die "Wolken".
  • Eine Ladungsmenge kann man nicht direkt vorgeben, sondern nur eine Ladungsdichte. Wir belegen das "Bauteil" der Cu-Massefläche mir einer Ladungsdichte=1 C/m³. Dabei erhält jeder Knoten anteilig die richtige Ladungsmenge:
    Software FEM - Tutorial - Elektrostatik - MP - Modellbildung Ladungsdichte auf Masseflaeche.gif